Herr Dr. Weidmann, Sie waren im Laufe ihrer bisherigen 30-jährigen beruflichen Karriere für sehr namhafte Unternehmen, wie Unilever und Heidelberger Zement an führender Stelle tätig. Über 20 Jahre hinweg haben Sie die Entwicklung der Hermann Otto GmbH von einem regionalen Mittelständler zum führenden Anbieter von Bau-Dichtstoffen in Europa und zu einem weltweit hoch geschätzten Partner für das industrielle Kleben maßgeblich geprägt. Wenn Sie auf diese Tätigkeit zurückblicken, welchen Umständen schreiben Sie diesen Erfolg zu?

Die entscheidende Erkenntnis, die sich bei mir über einen längeren Zeitraum hinweg eingestellt hat, war ganz gewiss, dass gute Produkte lediglich eine solide Grundlage für den Unternehmenserfolg darstellen, dass sie alleine jedoch in keiner Weise ausreichen, um dauerhaften und nachhaltigen Erfolg sicherzustellen.

Können Sie das etwas näher erklären?

Gerne! In unserer Industriegesellschaft legen Hersteller von Produkten sehr hohen Wert auf die Technik hinter diesen Produkten und die detaillierte Festlegung von Produkteigenschaften in ausgefeilten Datenblättern. So hat sich das technische Datenblatt zum bevorzugten Verkaufsinstrument entwickelt. Differenzierung vom Wettbewerb wird in der immer detaillierteren Ausarbeitung von Produkteigenschaften gesucht. Im Wettbewerb zueinander stehende Unternehmen haben jedoch vielfach vergleichbare oder gar identische Produkte anzubieten, was einen hohen Grad an Austauschbarkeit zur Folge hat. Das betrifft nicht nur die Anbieter selbst, sondern vor allem die Kunden im Markt, denen damit Entscheidungskriterien für den Kauf dieser Produkte vorenthalten werden. Dabei wird vielfach massiv unterschätzt, dass es neben der Produktqualität und den Produkteigenschaften noch eine ganze Reihe darüberhinausgehender Leistungen eines Unternehmens gibt, die maßgeblich zur Entscheidungsfindung beim Kunden beitragen, ja geradezu entscheidend sind.

Das klingt sehr interessant und schlüssig. Wie kann man diese doch recht einfach erscheinende Erkenntnis nun in dauerhaften Unternehmenserfolg umsetzen?

Es gilt in jedem Fall, das eigene Unternehmen auf die Gesamtheit seiner Leistungen hin zu untersuchen und zu definieren, mit einem Schwerpunkt auf die vielfältigen Leistungen jenseits der Produkte, die meist mit großem finanziellen Aufwand und hohem Engagement der Mitarbeiter erbracht werden. Die Summe dieser Leistungen, die ich als „Mehrwert“ bezeichnen möchte, stellt das eigentliche Profil eines Unternehmens dar. Und im Gegensatz zu den Produkten, die, wie schon erwähnt, weitestgehend austauschbar sind, ist dieses Mehrwert-Profil eines Unternehmens absolut einzigartig und kann auch als solches von den Marktteilnehmern wahrgenommen werden. Zwingende Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass das Mehrwert-Profil klar definiert und weiterentwickelt und, als entscheidender Schritt, sowohl nach innen wie auch nach außen nachhaltig kommuniziert wird.

Sie haben dieser Vorgehensweise einen eigenen Begriff zugeordnet.

Das ist richtig. Ich nenne es Holistische Mehrwert-Strategie, und meine damit die holistische, also ganzheitliche Betrachtung der Leistungen eines Unternehmens. Und hier sind nicht nur die sachlichen, messbaren Leistungen zu betrachten, sondern auch und vor allem die emotionalen Leistungen.

Emotionen in unserer technisierten Welt?

Ja, Sie haben richtig gehört! Bei allen technischen Raffinessen, die wir hervorzubringen vermögen, ist die letzte Entscheidungsinstanz selten unser Gehirn, sondern vielmehr unser Bauch. Nicht umsonst heißt es ja, nach Bauchgefühl zu entscheiden. Und im Gegensatz zum Gehirn, dass zur Entscheidungsfindung viele Details einzeln betrachtet und bewertet, ist unser Bauch in der Lage, zuverlässige Entscheidungen aufgrund eines Gesamteindrucks zu treffen. Und ein intensiv kommuniziertes Mehrwert-Profil ist ein solcher Gesamteindruck, der eine sehr gute Entscheidungsgrundlage darstellt.

Sie meinen, auch in den obersten Einkaufsetagen menschelt es?

Genau das meine ich! Und das trifft umso mehr zu, je mehr von Herstellern angebotene Produkte vergleichbar und letztlich austauschbar sind.

Was genau leistet nun ihr Konzept der Holistischen Mehrwert-Strategien?

Holistische Mehrwert-Strategien erkennen, fördern und kommunizieren die Gesamtheit der Leistungen eines Unternehmens jenseits seiner Produkte mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit – und damit den wirtschaftlichen Erfolg – deutlich und nachhaltig zu steigern.

Hier geht es also nicht nur darum, sich als tolles Unternehmen zu präsentieren, sondern auch, um mehr Geld damit zu verdienen.

Exakt! Insofern sind Holistische Mehrwert-Konzepte ein sehr geeignetes Instrument, über die kommunikative Darlegung der dem Markt angebotenen Mehrwert-Leistungen eine nachhaltige Differenzierung vom Wettbewerb zu erreichen. Und damit entsteht Marke, der wiederum ein bestimmtes wiedererkennbares Profil zugeordnet wird.

Herr Dr. Weidmann, Sie haben sich mit diesem Konzept selbständig gemacht und bieten es dem Markt, weitestgehend unabhängig von der Branche an.

Ich biete dieses Konzept, d.h. die Entwicklung von Mehrwert-Strategien sowie die zwingend dazugehörende Mehrwert-Kommunikation als Paket an. Dabei lege ich besonderen Wert darauf, dass ich hier Unternehmen aus meiner eigenen langjährigen Erfahrung heraus behilflich sein kann, sich gegenüber ihrem Wettbewerb erfolgreich zu positionieren. Insofern halte ich keine Theorien feil sondern biete bewährte Konzepte, die ich selbst erfolgreich angewendet habe.

Vielen Dank für dieses interessante Gespräch!

Biographie:

Dr. Volker Weidmann, geboren in den USA und aufgewachsen in der Steiermark, hat in Graz Technische Chemie studiert und in Biotechnologie promoviert. Nach Stationen bei Unilever in Deutschland und Holland sowie bei Heidelberger Zement kam er 1996 zur Hermann Otto GmbH nach Fridofing in Oberbayern und hat das Unternehmen bis 2016 als Geschäftsführer geleitet. Als Vorsitzender des renommierten Industrieverbandes Dichtstoffe e.V. (IVD) konnte er seine langjährige Erfahrung in der Dicht- und Klebstoffindustrie einbringen. Heute lebt Herr Dr. Weidmann wieder in Graz und betreibt ein Beratungsunternehmen www.weidmann-value.com sowie ein globales Experten-Netzwerk www.adheseal-net.work. Daneben ist er als Mitglied des Aufsichtsrates der Laticrete International, Inc. in den USA ständig auch in der Industrie involviert.